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Jüdisches Museum Wien, Dorotheergasse 11, Wien, www.jmw.at, Judentum, Wien
Prof. Dr. Roland Rixecker, Antisemitismusbeauftragter, Saarland, Verfassungsgerichtshof, Präsident

Der Ukrainekrieg und der Kampf gegen den Antisemitismus haben oberste Priorität, sagt EJC-Chef Dr. Ariel Muzicant. Foto Alexander Beygang

In der Unzufriedenheit der Bevölkerung befürchten sie neuen Nährboden für den Aufwind rechter Parteien und Ideologien. Aber es gibt doch viele positive Entwicklungen, vor allem bei der Hilfe für die ukrainischen Flüchtlinge.

 

Wir wollen jetzt nicht auseinander differenzieren zwischen jüdischen und nichtjüdischen Flüchtlingen. Unsere Hilfestellungen und Hilfsleistungen gehen an ukrainische Flüchtlinge, ohne dabei zu überprüfen, wer ist jüdisch und wer nicht. Ich bin sehr stolz auf die Israelitische Kultusgemeinde Wien, meine Heimatgemeinde. Mit rund 800.000 Mitgliedern sind wir die zweitgrößte Israelitische Gemeinde Europas, die in absoluten Zahlen nach Polen ukrainische Flüchtlinge aufgenommen hat. Jedem wird geholfen. Ich weiß, dass zum Beispiel in Wien von den ungefähr 1.100 Flüchtlingen, die mittlerweile hier leben, ein beträchtlicher Teil halachisch gesehen, keine Juden sind.

 

Bedeutet das, dass in der jüdischen Gemeinde jetzt auch Väterjuden aufgenommen werden?

 

Nein, wir nehmen keine Nichtjuden auf, sondern sie werden von uns unterstützt, sie wohnen hier, sie leben hier.

 

Hilfe für sie und vor allem für die ukrainischen Juden bringen die Mitglieder der Wiener jüdischen Gemeinde selber auf?

 

Das machen fünfzig Freiwillige von uns großartig. Jetzt reden wir bereits von 7-stelligen Millionen Beiträgen. Ich versuche den anderen Gemeinden zu suggerieren oder anzuraten, ähnlich aktiv zu werden. Aber ich kann das nicht von ihnen verlangen, es bedeutet sehr viel Arbeit. Um diese Arbeit leisten zu können, muss man es nicht nur machen wollen, man muss es auch machen können. Und es kostet viel Geld, das in Wien beispielsweise von den jüdischen Gemeinden mittels Spenden aufgebracht wird.

 

Und die Gemeinden in Europa werden kleiner. In Frankreich zum Beispiel machen sehr viele Alijah und ziehen nach Israel...

 

Entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Das ist ein Gerücht. Wenn Sie sich die gesamten Alijah-Zahlen Israels in den letzten fünf Jahren anschauen, werden Sie überrascht sein, dass die Anzahl französischer Juden, die wirklich Alijah gemacht haben, zwar beträchtlich ist, in absoluten Zahlen aber nicht ganz so dramatisch wie es allgemein heißt. Denn viele der Franzosen die angeblich das Land fluchtartig verlassen haben, tanzen inzwischen auf beiden Hochzeiten und leben mittlerweile in Israel wie auch in Frankreich. Einen wirklichen Schwund der Juden Europas gibt es aus Russland, aus der Ukraine und Belarus. Deren Zahl ist wesentlich höher, als die Zahl der Franzosen. Innerhalb der letzten drei Jahren sind aus diesen Ländern mehr jüdische Frauen und Männer nach Israel gezogen als aus Frankreich.

 

Sie waren einer der Vorkämpfer für die Rückgabe in der NS-Zeit gestohlenen jüdischen Eigentums. Werden Sie sich auch als Interimspräsident des EJC mit dem Thema befassen?

 

Ich werde mich sicherlich weiterhin bemühen, mein Wissen und meine Kraft für die Restitution einzusetzen. Doch das gegenwärtige Hauptproblem ist wie gesagt der Krieg in der Ukraine. Angesichts der weltpolitischen Lage, wenn hunderttausende Menschen auf der Flucht sind und davon zigtausende jüdisch sind, sollte das und der Kampf gegen den Antisemitismus die oberste Priorität haben.

 

Für Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres ist die ordentliche Generalversammlung des Europäisch-Jüdischen Kongresses geplant. Werden sie sich dann als Präsident zur Wahl stellen?

 

Das weiß ich noch nicht. Das Amt des Interimspräsidenten nahm ich aus Verantwortung gegenüber dem EJC an, einer Organisation, die mir ans Herz gewachsen ist. Ich hatte mich mit 60 Jahren entschieden, als Präsident der Israelitischen Gemeinde Wiens nach 43 erfolgreichen Jahren aufzuhören und einen Nachfolger aufzubauen. Möglicherweise werde ich etwas Ähnliches auch für den EJC machen. Man sollte anerkennen, dass es Jüngere gibt und ich werde ganz bestimmt nicht kämpfen um Präsident zu bleiben. Ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich im Leben erreicht habe.

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KKL, Keren Kayemeth Leisrael, Jüdischer Nationalfonds, KKL Frankfurt, KKL Deutschland, Testament, Israel

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