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Papst Franziskus setzt den Kurs der Annäherung fort. Allerdings gab es auch in seiner Amtszeit Äußerungen darüber, dass die Tora veraltet sei. Im Bild mit dem Präsidenten des Europäisch Jüdischen Kongress (EJC) Dr. Ariel Muzicant. Foto © Vatican Media

Papst Franziskus – Zwischen Weiterentwicklung der katholisch-jüdischen Beziehungen und fragwürdiger Rückbesinnung auf die Vormachtstellung des Christentums gegenüber der Tora

Auch sein Nachfolger, der gegenwärtige Papst Franziskus führte diesen Kurs der katholischen Kirche fort. Er besuchte die Hauptsynagoge von Rom, reiste zur Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, sowie nach Bethlehem und Jerusalem, sprach mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie dem Palästinenserchef Mahmud Abbas und forderte auf dem Tempelberg Muslime, Christen und Juden zum Dialog auf. Wie seine Vorgänger werden auch unter der Ägide von Papst Franziskus regelmäßig Dialogrunden und gemeinsame Initiativen veranstaltet, die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und der jüdischen Seite schienen noch enger als zuvor.

 

Umso überraschter war die jüdische Welt, als im August 2021 Papst Franziskus verkündete, dass die Tora veraltet sei, kein Leben mehr spende und „nicht das Leben und die Erfüllung der Verheißung“ mehr sei. Nicht nur das israelische Oberrabbinat, sondern die gesamte jüdische Welt war empört über diese Herabstufung des Judentums. „Was bedeutet, dass die jüdische Religionsausübung in der heutigen Zeit obsolet geworden ist“, kritisierte Rabbiner Rasson Arousi von der Kommission des israelischen Großrabbinats für den Dialog mit dem Heiligen Stuhl irritiert über die Äußerung des Pontifex in einem Brief an Kurienkardinal Kurt Koch, der im Vatikan für die Beziehungen zum Judentum verantwortlich ist. Rabbiner Arousi bat Franziskus möge seine „Aussagen zurechtrücken.“

 

„Teile unserer Geschichtsbücher müssen umgeschrieben werden“

Die Wogen wurden geglättet. Gegenwärtig erweckt der Vatikan den Eindruck in eine neue Phase des christlich-jüdischen Dialogs getreten zu sein. „Teile unserer Geschichtsbücher müssen umgeschrieben werden“, hieß es im November 2021 in einer Mitteilung der vatikanischen Presseabteilung „vaticannews“, die auf die Publikation „Parting of the Ways (Trennung der Wege)“ des Wiener Neutestamentler Markus Tiwald aufmerksam machten. Auch der Suhrkamp Verlag brachte mit der Neuauflage des 1930 von Joseph Klausner veröffentlichten Buches „Jesus von Nazareth“ eine weitere Debatte über jüdisch-christliche Zeitgeschichte in Schwung. Der zionistische Religionsgelehrte, ein Onkel von Amos Oz, entwirft darin ein Bild von Jesus aus der Perspektive seiner jüdischen Identität heraus und geht der Frage nach, wie es zu der jahrhundertelangen Ausgrenzung und Diskriminierung kam. Judaist Prof. Christian Wiese unterstreicht in seinem Nachwort zusätzlich die Bedeutung dieses lange Zeit sehr umstrittenen Buches, das bereits für viele Kontroversen zwischen jüdischen wie christlichen Zeitgenossen über das Verhältnis von Judentum und Christentum sorgte. Ein Werk, das zwar vor über 90 Jahren geschrieben wurde, aber für die gegenwärtigen religionsgeschichtlichen Debatten sehr aktuell ist.

 

Präsidiumssitzung des Jüdischen Weltkongresses im Vatikan

Zweimal im Jahr tagt das Exekutivkomitee des Jüdischen Weltkongresses WJC. Ende November 2022 fand dieses Treffen auf Einladung von Papst Franziskus im Vatikan sowie in Rom statt. Delegierte aus 50 Ländern, Präsidenten Jüdischer Gemeinden und Vertreter der dem WJC angeschlossenen internationalen jüdischen Organisationen kamen in den Apostolischen Palast um die wichtigsten Fragen zu erörtern, mit denen die jüdischen Gemeinden heute konfrontiert sind. Im Fokus stand neben dem weltweit zunehmenden Antisemitismus auch der Ausbau und die Erweiterung der jüdisch-katholischen Beziehungen und des damit zusammenhängenden Dialogs. „Unsere beiden Glaubensgemeinschaften haben die Aufgabe, sich für eine brüderliche Welt einzusetzen, Formen der Ungerechtigkeit zu bekämpfen und mehr Gerechtigkeit zu fördern,“ appellierte Hausherr Papst Franziskus. Traditionell tagt der WJC jedes Jahr in einem anderen Land. Schirmherren sind zumeist deren Staatspräsidenten, 2022 übernahm der Pontifex diese Aufgabe. „Derjenige, der alle Dinge mit Ordnung und Harmonie erschaffen hat, fordert uns auf, diesen Sumpf der Ungerechtigkeit zu beseitigen, der das brüderliche Zusammenleben in der Welt verschlingt, und durch die Umweltzerstörung die Gesundheit der Erde gefährdet“, plädierte Franziskus für ein gemeinsames Handeln.

 

„Mit unserem gemeinsamen Erbe haben wir die gemeinsame Verantwortung, zum Wohl der Menschheit zusammenzuarbeiten und Antisemitismus sowie antikatholische und antichristliche Einstellungen zu widerlegen gegen alle Arten von Diskriminierung und sich für Gerechtigkeit, Solidarität und Frieden einzusetzen,“ appellierte Kurienkardinal Kurt Koch, der als Präsident des Päpstlichen Rates auch für die Beziehungen zum Judentum verantwortlich ist. Der Schweizer Theologe und ehemalige Bischof von Basel war maßgeblich am Zustandekommen dieses historischen Treffens beteiligt, bei dem – eine kleine, aber vielsagende Beobachtung am Rande – der Vatikan alle Gäste mit koscheren Speisen beköstigte. So saß WJC-Präsident Ronald S. Lauder während der Veranstaltung in der Synodenhalle des Vatikans neben Papst Franziskus und Kardinal Koch in der ersten Reihe.

 

Kishreinu-Initiative – ein neues Programm zur Stärkung des katholisch-jüdischen Verhältnisses

„Diejenigen von uns, die heute hier sind, sind bestrebt, unsere Verbundenheit mit der katholischen Kirche zu fördern“, betonte WJC-Präsident Ronald S. Lauder in seiner Rede, in der er zugleich mahnte, die Vergangenheit nicht zu vergessen. „Wir ignorieren es nicht“. Doch gilt es vorwärts zu schauen und eine gemeinsame, bessere Zukunft zu gestalten. Bei dem Treffen im Vatikan wurde auch eine neue Initiative „Kishreinu“ (Unser Bund) ins Leben gerufen, der, wie Lauder hervorhob, „die gemeinsame Zukunft unserer Völker stärkt und eine neue Etappe im katholisch-jüdischen Verhältnis darstellt“. Und Papst Franziskus sagte: „Lasst uns angesichts des religiösen Erbes, das wir teilen, die Gegenwart als Herausforderung betrachten, die uns verbindet, als Ansporn zum gemeinsamen Handeln.“ Kurz danach besuchte eine Delegation des argentinischen Rabbinerseminars „Marshall T. Meyer“ den Vatikan. Bei der Audienz wurde auch über eine gemeinsame Ausbildung des Vatikans und des Rabbinerseminars debattiert. Wir wollen „unsere Tätigkeit im Seminar mit dem Vorgehen des Heiligen Stuhls vereinen“, gab der gegenwärtige Geschäftsführer des Rabbinerseminars Rabbiner Ariel Stofenmacher bekannt. Auch der Jüdische Weltkongress hofft auf eine weitere Vertiefung der Zusammenarbeit und plant demnächst ein Büro im Vatikan einzurichten.

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