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Jüdisches Museum Wien, Dorotheergasse 11, Wien, www.jmw.at, Judentum, Wien
Prof. Dr. Roland Rixecker, Antisemitismusbeauftragter, Saarland, Verfassungsgerichtshof, Präsident

Prof. Dr. Roland Rixecker. Foto Landtag des Saarlandes

Antisemitismusbeauftragte gibt es inzwischen in den meisten Bundesländern. Kennen Sie sich persönlich und treffen Sie sich regelmäßig zu Erfahrungsaustauschen?

 

Das halte ich für sehr notwendig. Nicht missen möchte ich die regelmäßigen Treffen der „Bund-Länder-Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Leben“, dessen Vorsitz der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus Dr. Felix Klein inne hat. Gemeinsam mit einem der Antisemitismusbeauftragten der Länder lädt er jährlich zu zwei Konferenzen ein. Das uns einende Anliegen ist dabei die Abstimmung zwischen Bund und Ländern, um gemeinsam und entschlossen gegen Antisemitismus in Deutschland vorzugehen. Im Übrigen: Zusammen mit dem Bundesministerium der Justiz hat Herr Dr. Klein vor einiger Zeit eine Konferenz über Juristen im Dritten Reich, die in der Bundesrepublik weiterhin geehrt worden waren, organisiert. Ich selbst durfte an der Podiumsdiskussion mitwirken. Andere Landesbeauftragte widmen sich herausragend anderen Themen: So ist beispielsweise Dr. Ludwig Spaenle aus Bayern sehr engagiert auf dem Gebiet der Kultur- und Schulpolitik, andere in weiteren Bereichen, in denen sie auch beruflich aktiv sind. Auch tauschen wir uns über verschiedene Projekte, Sicherheitsfragen, antisemitisch konnotierten Versammlungen, Schulbuchproblemen etwa, aus. Auf dem ersten Treffen habe ich die Arbeit von RIAS kennen gelernt, der „Berliner Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus“, die ein Monitoring und eine Registrierung antisemitischer Vorfälle vornimmt. Nach diesem Vorbild habe ich im Saarland ebenfalls eine solche Meldestelle eingerichtet, die die Qualitätsstandards der Zentralstelle übernimmt und mit ihr kooperiert. Wir können so vergleichen, was in Berlin dokumentiert und was hier an Verletzungen gemeldet wird. Zum Glück erleben wir im Saarland zwar verbale, aber kaum physische Attacken.

 

Das letzte Jahr stand unter dem Motto 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland mit vielen Veranstaltungen in fast allen kulturellen Bereichen. Wie lautet Ihr Resümee in der Rückschau, hat das Jubiläum etwas gebracht?

 

Das hat ganz entschieden sehr, sehr viel gebracht. Ich bin davon überzeugt, dass dieses Festjahr einen großen Beitrag dafür geleistet hat, dass sich jetzt viel mehr Menschen mit antisemitischen Verletzungen auseinandersetzen und diese auch erkennen. Aber vor allem wurde durch zahlreiche Veranstaltungen der Reichtum der jüdischen Kultur und der enorme jüdische Beitrag zur deutschen Zivilgesellschaft sichtbar gemacht. Jüdisches Leben ist seit rund 1.700 Jahren bei uns verwurzelt, die bedeutsamen Spuren von jüdischem Leben in Deutschland in Wissenschaft, Medizin, Literatur, Musik und Kunst bleiben zu oft unerwähnt und sind manchmal gar unbekannt oder unbewusst.

 

Ihr Spezialgebiet ist die Justiz. Als Universitätsprofessor lehren sie in der juristischen Fakultät. Arbeiten Sie auch im Bereich der Weiterbildung mit der Polizei zusammen?

 

Mit der saarländischen Fachhochschule der Polizei habe ich vereinbart, dass ich an Modulen der Aus- und Fortbildung teilnehme. Meine Aufgabe wird es dabei sein, die Sensibilität für antisemitische Verletzungen zu wecken. Was bedeutet das? Zur Veranschaulichung: Wann müssen wir etwas nicht als eine schlichte Sachbeschädigung, als Kritzelei oder Fledderei von Gedenkkränzen bewerten, sondern den Tatbestand als antisemitisch einschätzen? Dieses Thema hat die Fachhochschule mittlerweile auch generell in ihren Lehrplan mit aufgenommen. Gegenwärtig schätzt man, dass nur ein geringerer Prozentsatz antisemitischer Vorfälle zur Anzeige gebracht wird, während eine Vielzahl antisemitischer Übergriffe immer noch nicht als solche erkannt wird. Das Vertrauen in das konsequente Vorgehen auch der Strafverfolgungsbehörden ist aber für den Rechtsstaat eine essentielle Voraussetzung. Es ist wichtig, dass Justiz und Polizei die unterschiedlichen Ausprägungen von Antisemitismus und antisemitischer Straftaten erkennt. Dazu gehört auch ein Überblick über die Strafverfolgung von antisemitischen Verhetzungen im Netz, von Volksverhetzung beispielsweise. Dafür bedarf es auch der länderübergreifenden Kommunikation. Gemeinsam bilden wir alle zusammen, im politischen wie im kulturellen Leben, im Bildungsbereich, bei Polizei, Justiz und Verfassungsschutz zusammen mit dem Bund ein starkes Netzwerk gegen Antisemitismus.

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