DAS PORTRAIT: RUBEN TALBERG

MALER, BILDHAUER, MUSIKER UND GRAFIKER

Ruben Talberg lebt abwechselnd in Südfrankreich und in der Stadt Offenbach am Main, wo er auch Mitglied der Jüdischen Gemeinde ist. Er ist Maler, Grafiker, Bildhauer, Musiker und Fotograf und verarbeitet in seinem Werk immer wieder auch jüdische Themen. „Jüdisches Europa" besuchte ihn in seinem Offenbacher Domizil.

  • Auf verborgene Aussagen in der Tora will Ruben Talberg in seinem Gemälde hinweisen.

  • Künstler Ruben Talberg.

  • Gallerie und Atellier unter einem Dach: die Kreativinsel von Ruben Talberg in Offenbach.

Von außen sieht der Komplex mitten in einer ganz normalen Straße nicht nach etwas Besonderem aus. Doch schreitet man durch das Tor und betritt den Seitenflügel, glaubt man plötzlich sich in Südfrankreich zu befinden. Schmetterlinge sitzen auf duftenden Lavendelpflanzen, Mittelmeerpflanzen wachsen in aufgestellten Kübeln, Wein umrankt eine Treppe sowie ein kleines, einstöckiges Haus. Hier hat der kamerascheue deutsch-israelische Künstler Ruben Talberg sein Reich. 

 

In früheren Zeiten arbeiteten in den Nebengebäuden Handwerker im Manufakturbetrieb. Seit zwei Jahren jedoch ist nun im seitlichen kleinen Haus und in der oberen Etage des anderen Gebäudes das Offenbacher „Talberg-Museum“ untergebracht, während der Künstler im Keller sein Atelier hat. Über eine Treppe geht es direkt in den Ausstellungsraum, der immer noch den Charme einer ehemaligen Fabrikhalle versprüht. Zurzeit sind dort skurrile, fragil wirkende grau-weiß getünchte Skulpturen zu sehen. An den Wänden hängen verschiedene Ölgemälde. In allen gezeigten Werken befasst sich der Künstler mit „Metamorphosen“, ein Thema, das ihn schon seit vielen Jahren fasziniert. „Ich verstehe mich als Alchemist“ sagt Ruben Talberg, der wie einst sein Vorbild Joseph Beuys aus Farbpaste, Knochen, Schrottteilen, Holz, Plastikmüll und anderen Materialien ein neues Werk schafft, das zum Nachdenken anregt. Leicht sind Talbergs Werke nicht zu entziffern. Man muss sich schon Zeit nehmen, davor verweilen und nicht nur die Form auf sich einwirken lassen, sondern sich auch über die Aussage des Kunstwerkes Gedanken machen. Immer wieder verwendet er, vor allem in seinen Bildern, Symbole und Zeichen früherer Epochen. Aus Anleihen an altpharaonischen und mesopotamischen Hieroglyphen, archaischen Zeichen aus Griechenland, dem Orient oder dem Keltenreich wird eine neue Bildsprache. Dabei, so Talberg, interessieren ihn weniger die einstigen Inhalte als vielmehr deren Formen, die er nun für die eigene zeitgenössische Kunst nutzbar macht. An den magischen Voodoozauber erinnern einige seiner ausgestellten Figuren, die den Betrachter immer noch zusammen zucken lassen. Aus dem Chaos, dem Verfall, aus Tierschädeln und Knochen fügt er sein Werk zusammen. Die Einzelteile verwandeln sich, erklärt Talberg, „und so entsteht Neues“.

 

Sterben, Tod und Verwandlung sind Themen, die ihn bis heute beschäftigen. 1964 wurde Talberg in Heidelberg in einer jüdischen Familie geboren. Später lebte er eine Zeit lang bei Verwandten in den USA. In Israel studierte er nicht nur an der Bezalel-Akademie, sondern absolvierte dort auch seinen Militärdienst. Das erlebte Grauen und Sterben, das er zu verschlüsseln sucht, prägt noch heute sine künstlerische Arbeit. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn er die Kabbala zu verstehen versucht und die geheime Botschaft, die sich in den Buchstaben und Zahlen versteckt. Seine Suche nach verborgenen Aussagen der Tora wird in vielen seiner Bilder sichtbar, die wie ein Geheimnis auf den Betrachter wirken, der sie zwar ebenfalls nicht zu entschlüsseln vermag, aber die Ehrfurcht vor dem Geheimnis spürt. Neben der Farbe verwendet Talberg auch Erde, vor allem Ton und Lehm und erinnert auch hiermit an die Vergänglichkeit allen Seins, aber auch an ein Chaos, aus dem Ordnung entsteht. Das duale Prinzip von Werden und Vergehen, von Eros und Thanatos, von Freude und Leid, Mann und Frau, Unbewusstem und Bewusstem durchzieht das gesamte Schaffen Ruben Talbergs, der sich damit eindeutig als ein jüdischer Künstler definiert. Beginnt doch die Tora mit dem Wort „Bereschit“, das später fälschlicherweise mit „Am Anfang schuf G‘tt“ übersetzt wurde. „B“ ist der zweite Buchstabe des Alphabets und Symbol des Dualen. Ruben Talbergs malerisches, grafisches und plastisches Werk, wie auch seine allzu selten gespielte Musik und seine Videoinstallatio¬nen sind verschlüsselte Botschaften und Projektionen und äußerst spannungsvoll. Es ist moderne Kunst mit hohem Niveau, die Gedanken, Auseinandersetzungen und das Empfinden unserer Zeit widerspiegelt. Ausstellungen außerhalb Deutschlands in China, Frankreich, Italien, Großbritannien und in den USA machten ihn bereits international bekannt.

weitere Artikel

Anzeige