„LOMI REDDEN JIDDISCH“

DIE RENAISSANCE EINER ALTEN SPRACHE

Jiddische Zeitungen, wie der in den USA heraus-gegebene Forwarts werden noch immer in der ganzen Welt gelesen.
Jiddische Zeitungen, wie der in den USA heraus-gegebene Forwarts werden noch immer in der ganzen Welt gelesen.


„TACHLES REDEN“, INS „SCHLAMASSEL“ KOMMEN, „MASSEL HABEN“, „SCHMIERE STEHEN“ UND VIELE ANDERE LEHNWÖRTER SIND AUS DEM JIDDISCHEN IN DEN DEUTSCHEN SPRACHJARGON GELANGT. UMGEKEHRT HAT DIE DEUTSCHE SPRACHE EINEN GROSSEN EINFLUSS AUF DIE ALTE JÜDISCHE SPRACHE, DIE SICH IM MITTELALTER ENTWICKELTE, ALS POGROME DIE JÜDISCHE BEVÖLKERUNG ZWANGEN, NACH OSTEN WEITER ZU WANDERN. IN POLEN, LITAUEN UND SPÄTER AUCH IN RUMÄNIEN UND RUSSLAND ENTWICKELTE SICH EINE ALLTAGSSPRACHE, DIE SICH AUS DEUTSCHEN, SLAWISCHEN UND HEBRÄISCHEN WÖRTERN ZUSAMMENSETZT. EINE REICHHALTIGE KULTUR ENTSTAND MIT EINEM GROSSEN REPERTOIRE AN BÜCHERN, GEDICHTEN UND LIEDERN. FÜR RUND 12 MILLIONEN JUDEN WAR JIDDISCH VOR DER SHOA DIE MUTTERSPRACHE. HEUTE SIND ES RUND 3 MILLIONEN. LANGE SCHIEN ES, ALS OB JIDDISCH AUSSTERBEN WÜRDE. DOCH IN DEN LETZTEN JAHREN ERLEBT DIE SPRACHE EINE RENAISSANCE.

Mit dem „Schleptop“ wird mehrfach am Tag eine „Blitzpost“ im „Internetz“ versendet. 

Nun ist der moderne Alltag auch im Jiddischen angekommen. Eine internationale Konferenz, die in Israel an der Hebräischen Universität stattfand, aktualisierte das jiddische Vokabular. Das New Yorker YIVO-Institut stimmte diesem zu. Abgeleitet vom Herumschleppen wurde der Laptop zum „Schleptop“, die E-Mail zur „Blitzpost“ oder zum „Blitzbrief“, Popkonzerte sind eine „Singerei“ und wer eine bestimmte CD haben möchte, sagt auf jiddisch: „Ich will ein Kompakl“.

„Im vergangenen Jahrzehnt haben wir ein erwachendes Interesse an der jiddischen Sprache und Kultur nicht nur bei Jugendlichen, sondern auch bei Erwachsenen gesehen und die Nachfrage an Sprachkursen ist gewachsen“, begründeten die Sprachwissenschaftler die Neuaufnahme moderner Wörter aus dem Gebiet der Elektronik und der elektronischen Medien in den offiziellen Sprachgebrauch. Sie kamen aus Deutschland, aus den USA, aus Osteuropa und aus Israel. Hana Wirth-Nesher, Direktorin am „Goldreich Familiy Institute for Yiddisch Language, Literature and Culture“ in Tel Aviv betont, wie wichtig es sei, die reiche osteuropäische Kultur zu erhalten.

Doch wie viele Menschen heute noch Jiddisch als „Mameloschen“ (Muttersprache) sprechen, ist unklar. Man schätzt, dass es etwa drei Millionen Juden weltweit sind, von denen die ­meisten in Argentinien, in Belgien, vorwiegend in Antwerpen, in New York in Brooklyn und im Jerusalemer Stadtteil Mea Schearim leben. Die Mehrheit von ihnen sind Ultraorthodoxe, für die Hebräisch nur die Sprache der Tora, des Talmuds und des Gebetes ist. Im Alltag sprechen sie das säkulare Jiddisch. Andere dagegen kommen aus der polnischen Arbeiterbewegung. So kapselten sich die „Bundisten“ jahrelang von den Zionisten auch im Sprachgebrauch ab. Nicht Jiddisch wurde die Landessprache des neuen Israels, sondern Iwrith, eine moderne Form des Hebräischen, deren Entwicklung eng mit der zionistischen Bewegung verknüpft ist und als Aufbruch in die Moderne verstanden wurde, während Jiddisch als Sprache des Ghettos jahrzehntelang verpönt war. Jiddisch ist eine aussterbende Sprache, hieß es immer wieder. Doch Totgesagte leben bekanntlich länger. Dass der weltweit größte Jiddisch-Sommerkurs in Tel Aviv stattfand, sei kein Zufall, meinte Wirth-Nesher, „Jiddisch war schon immer das Nervenzentrum der laizistisch-jüdischen Kultur“. Nicht alte Männer oder Ultraorthodoxe kamen zur großen internationalen Konferenz in die vorwiegend säkular geprägte israelische Hauptstadt, sondern Teilnehmer mit einem Durchschnittalter von etwa dreißig Jahren.

Wer will, kann Jiddisch im Internet lernen (www.jiddischkurs.org). Der Düsseldorfer „Förderverein für Jiddische Sprache und Kultur e.V.“ hat es möglich gemacht, mit Hilfe der EU und deren Europäischen Kommission und „Generaldirektion Bildung und Kultur“ sowie der Essener „Alfred Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung“. Von der EU wurde kürzlich Jiddisch als„ Minderheitensprache“ anerkannt, die zu einer „sprachlich ­homogenen Gruppe“ gehört, ohne nationale ­Grenzen.

Doch wer spricht es tatsächlich. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Trierer Professor Simon Neuberg. Geboren in Marokko kam er mit 7 Jahren nach Frankreich, wo er in der Normandie aufwuchs. Sein jüdischer Vater, der sich von der Familie getrennt hatte, sprach Jiddisch. Der Sohn war von der fremden Sprache begeistert. Mit 16 kam er über einen Schüleraustausch nach Marburg, wo er sich für die deutsche Sprache begeistert, die dem Jiddischen so ähnlich ist. Später studierte er Germanistik und ging nach seiner Armeezeit als studentische Hilfskraft nach Trier, wo er auch Jiddisch erlernen konnte. 1995 promovierte Neuberg und habilitierte 1999. Seit 2001 ist er einer der zwei Lehrstuhlinhaber der Jiddistik in Europa. Der andere befindet sich in Düsseldorf. Doch Prof. Dr. Neuberg, der u.a. auch ein deutsch-jiddisches Wörterbuch verfasste, lehrt nicht nur Jiddisch, er lebt es auch. Gemeinsam mit seiner Frau, einer Bibliothekarin und Dolmetscherin, die ebenfalls das Jiddischfieber gepackt hat, sprechen sie mit ihren Kindern Jiddisch. „Es ist ein Experiment, einem Kind eine Sprache beizubringen, die man selbst nicht als Muttersprache spricht“, sagte Neuberg in einem Interview. Im Urlaub reisen sie immer wieder nach Israel und leben dann als Nichtjuden meist im orthodoxen Mea Schearim. „Wir sind ein Kuriosum“ berichtet Prof. Dr. Neuberg, der seine Kinder nicht religiös erzieht, jedoch sich dem Jiddischen tief verbunden fühlt und ihnen aus dem Struwwelpeter in Jiddisch vorliest.

 

Weltweite Rückbesinnung auf Jiddisch und die jiddische Kultur

Doch ist das wirklich jiddische Literatur? Oder nur eine Modeerscheinung, wie die große Begeisterungswelle vieler junger Germanistikstudenten für das Jiddische, wie ein Göttinger Dozent vermutet, der an der dortigen Universität arbeitet, wo ein „Arbeitskreis für jiddische Sprache und Kultur“ eingerichtet wurde.

Gegenwärtig gibt es weltweit sechs Lehrstühle für Jiddistik, zwei in Deutschland – an den Universitäten Trier und Düsseldorf, in den USA – an der Harvard-University in Cambridge und der Indiana University in Indianapolis und in Israel – an der Hebräischen Universität in Jerusalem und der Bar-Ilan Universität in Ramat Gan. Mit der Rückbesinnung auf Jiddisch und die jiddische Kultur hofft man nicht nur einen, bisher ausgeklammerten Teil der jüdischen Identität aus der Vergessenheit zu holen, sondern auch eine noch engere Verbundenheit zwischen den Israelis und Diasporajuden herzustellen. Auch auf diese Weise soll das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt, Alija gefordert und die Gefahr gebannt werden, dass das jüdische Volk allmählich verschwindet. So wurde vor einem Jahr zum ersten Mal in Israel ein „Tag der jiddischen Kultur“ begangen, der von der Knesset ins Leben gerufen wurde. Es ist schon Meschugge, was da gegenwärtig passiert. Einst im krassen Gegensatz zum modernen Hebräer stehend, in Israel lange Zeit verpönt und bekämpft, sah man im Jiddischen stets eine Rückbesinnung zur Welt des Städls, die mit der Moderne wenig Gemeinsames hatte. Doch jetzt steht gerade diese Kultur im Vordergrund, die eng mit der Sprache verknüpft ist. Dieser Aspekt begeistert nun vor allem auch die Nachfahren, die nicht mehr mit dem Jiddischen aufgewachsen sind, es jedoch durch ihre jiddisch-redenden Großeltern noch verstehen, wenn sie es meist auch selber nicht sprechen.

 

Jiddisches Theater in Europa

„Wir sind nicht gleich nach Ibn Givrol und Rambam zu Kibuzzniks geworden“ erklärt Mendy Cahan, Direktor des Institutes für Jiddisch an der Universität von Vilnius und Gründer von „Jung Yiddisch“, einer Organisation mit jiddischen Kulturzentren in Jerusalem und Tel Aviv. Von Israel aus reist der 1963 in Antwerpen geborene Künstler, dessen Eltern aus Rumänien stammen und dessen Muttersprache Jiddisch ist, in die ganze Welt. „Jiddisch ist unsere Geschichte“, betonte Cahan, der in seiner Musik jiddische und arabische Klänge mit klassischem Klezmer verbindet und so eine neue Variante der jiddischen Musik komponiert.

„Jiddisch muss weiterleben und Teil der Kultur des sich erneuernden Israels werden“, meint auch Schauspieler und Sänger Shmuel Atzmon, als in Tel Aviv ein jiddisches Theater eröffnet wurde, dessen Intendant er wurde.

Jüdische Bühnen gibt es wenige in Europa. In Rumänien zum Beispiel gründete Avram Goldfaden schon vor mehr als 130 Jahren das erste Jiddische Theater der Welt. Dieser Tradition fühlt sich das Jüdische Theater in Bukarest verbunden, das auch jiddische Stücke im Repertoire hat. Allerdings sind viele der dort auftretenden Schauspieler nichtjüdisch. „Was ist wichtiger. Dass wir alle jüdisch sind, oder dass unser jiddisches Theater weiter besteht“, fragt Intendant Harry Eliad in einem Interview. Auslandstourneen machen das Theater aus Rumänien international bekannt. Auch in Dresden war die Truppe. Das dortige Rock-Theater veranstaltet in Abständen jiddische Musik- und Theaterwochen mit bekannten Künstlern, die als Gäste eingeladen werden. So fand in Dresden die Uraufführung des Bühnenstückes „Kandiszucker“ von Michael Felsenbaum statt, ein Werk des ukrainischen Regisseurs und Schauspielers, der gegenwärtig in Israel lebt und arbeitet und dort auch die Zeitschrift „Naye vegn“ herausgibt. Lew Berinsky vom Jiddischen Theater Akko trat mehrfach mit seinem Ensemble in Dresden auf und auch das weltbekannte „Leanor and Alvin Segal Theatre“ aus Montreal. Im Oktober 2010 finden erneut Jiddische Musik- und Thea-terwochen in Dresden statt, wieder mit jiddischen Künstlern aus der ganzen Welt. Zur Veranstaltungsreihe gehören auch Unterrichtsangebote in jiddischer Sprache, wie auch Führungen durch die örtliche Synagoge und des Gemeindezentrums, neben Gesprächen über jüdische Kultur und Klezmerabende. Nach dem gleichen Muster finden ähnliche jiddische Kulturtage auch in Vilna, Bukarest, London, in Paris, in Weimar und in Wien statt.

Das jiddische Theater, so Charlotte Messers vom „Troim-Theatre“ in Paris, „hat einen guten Grund da zu sein und zu existieren, Es muß dem jüdischen und nichtjüdischen Publikum die Schätze der jiddischen Kultur übermitteln und zwar in der ursprünglichen Melodie. Ob es eine Zukunft hat? Es wird überleben, solange es Schauspieler gibt, die fähig sind, Jiddisch zu sprechen und Regisseure, die diese Sprache leidenschaftlich lieben“.

 

Szenenbild mit Rafael Goldwaser aus „Die Metamorphose einer Melodie“, LuftTheater 2010
Szenenbild mit Rafael Goldwaser aus „Die Metamorphose einer Melodie“, LuftTheater 2010

Ein solcher Künstler ist Rafael Goldwaser, der in Straßburg lebt. Schon sein Vater war Schauspieler am Jiddischen Theater in Buenos Aires, das 1901 eröffnet, zu den ältesten der Welt gehört. Sohn Rafael gründete in Straßburg das „LufTheater“, das mit reichem jiddischem Repertoire auch in Deutschland, Holland, Schweden, in Rumänien, in der Ukraine, in Moldawien, Lettland und England gastiert und sich gegenwärtig auf eine Reise in die USA vorbereitet.

 

Jiddisch ist sehr lebendig, reich und vielfältig

In diesem Jahr fand zum fünften Mal im Elsass die „Jiddische Sommeruniversität in Straßburg“ statt, organisiert vom „Centre de la Jeunesse“ und dem Brüsseler Zentrum für Jiddische Kultur. Die Rahmenveranstaltungen, wie Workshops über Klezmer, jiddische Lieder und Tanzkurse, sowie Exkursionen, Konferenzen und Aufführungen organisierte das LufTheater. Die Dichtung von Frauen stand im Mittelpunkt der Jiddischkurse, neben dem Erlernen der Sprache. 45 Studenten vertreten alle Altersklassen, von 22 bis 65 Jahre. Und sie kamen aus ganz Europa, aus Deutschland, der Schweiz, Großbritannien, Ungarn, Tschechien, Polen und anderen Ländern. Auch Stipendien wurden vergeben.

 

„Wer behauptet, Jiddisch sei eine tote Sprache“, so Goldwaser, „ignoriert die gegenwärtige Situation. Jiddisch ist sehr lebendig, reich und vielseitig“. Nach dem Gastauftritt des LufTheaters in New York folgt eine Aufführung bei Festival „Ashkenaz“ in Toronto. Anschließend reist die Truppe nach Warschau zum „Singer Festival“ mit jiddischer Poesie im Repertoire und danach nach Budapest.

 

Internationale jiddische Presse der Gegenwart

Die Jiddische Sommeruniversität in ­Straßburg, die alle 3 Jahre stattfindet, mit einem hohem, fast universitären Niveau, wird zum größten Teil von „Maison du Yiddish“ in Paris unterstützt, das die besten Jiddischspezialisten aus Frankreich anheuerte. Direktor Gilles Rozier, selbst ein profunder Kenner der jiddischen Literatur, gelang es nun, mit Hilfe der Rothschild Foundation ein neues jiddisches ­Literaturmagazin mit dem Namen ­„Gilgulim“ herauszubringen. Jiddische Autoren aus der ganzen Welt stellen sich mit ihren Werken darin vor, aber auch an die ­großartige literarische Tradition wird erinnert, z.B. mit Gedichten von Leyb Naydus.

 

Auch Rafael Goldwaser trug zur Verbreitung der jiddischen Literatur bei. Von ihm gibt es bereits mehrere Hörbücher mit Geschichten und Gedichten, die er in seiner jiddischen Mameloschen vorträgt, unter anderem auch Werke von Isaac Bashevi Singer, der 1935 in die USA emigrierte und dem 1978 für sein Gesamtwerk der Nobelpreis verliehen wurde. Damals schon war es eine große Würdigung für die gesamte jiddische Kultur.

 

Singer veröffentlichte fast alle seine Werke als Vorabdruck zuerst im „Forverts“. Ende 1877 von Abraham Cahan gegründet, wurde diese jiddische Zeitung bald zur wichtigsten Informationsquelle der in die USA eingewanderten Juden aus aller Welt. 280.000 Exemplare wurden in den 20er Jahren täglich verkauft. Doch diese Zeiten gehören längst zur Vergangenheit. Der Großteil der in den USA lebenden Juden hat sich mit dem „american way of life“ arrangiert und nur wenige sind noch der jiddischen Sprache mächtig. Deshalb begann der Forverts in den 90er Jahren auch eine englischsprachige Ausgabe zu drucken. Daneben jedoch gibt es nach wie vor die jiddische Ausgabe, allerdings in einer sehr reduzierten Auflagenhöhe. Und auch eine 1-stündige Hörfunksendung, die „Forverts Sho“ sowie eine elektronische Ausgabe (www.yiddish.forward.com). Insgesamt, so schätzt man, gibt es inzwischen weltweit 100 jiddischsprachige Zeitschriften, Zeitungen und Radioprogramme, darunter auch der bekannte „Birobidschaner Stern“ aus Russland, „Doz Jidisze Wort“ aus Polen oder „Der Yid“ aus den USA.

 

Lesen gerne jiddische Zeitungen: Majer Szanckower und Samuel Weinberger im  Frankfurter Jiddisch-Club.
Lesen gerne jiddische Zeitungen: Majer Szanckower und Samuel Weinberger im Frankfurter Jiddisch-Club.

Jiddische Zirkel entstehen in den Gemeinden

Jiddische Zeitungen werden nach wie vor von Juden auf der ganzen Welt gelesen, die darin nicht nur eine Informationsquelle über jüdisches Leben sehen, sondern auch eine Bewahrung der jiddischen Tradition und Kultur. Doch immer öfter geschieht dies ganz privat im stillen Kämmerlein oder wird im Kreis der Familie gelesen, nur sehr selten wird noch jiddisch gesprochen. Das fanden Sami Weinberger und Majer Szanckower nicht in Ordnung. So kamen sie auf die Idee, einen Jiddischclub zu gründen. Unterstützung bekamen sie von der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt, in deren Räume die Gemeindemitglieder sich einmal im Monat treffen. „Lomi redden jiddisch“ ist das neue Motto dieses Clubs, dem auch Interessierte in anderen jüdischen Gemeinden nacheifern wollen. Nach dem Krieg trafen sich viele Holocaustüberlebende im DP-Lager Föhrenwald. Sie kamen einst aus Rumänien wie Samuel Weinberger, aus Polen, Litauen und anderen Ländern. „In den DP-Lagern sprachen wir alle Jiddisch“, erzählt Sami Weinberger und Majer Szanckower erinnert sich: „Bis zu meinem 9. Lebensjahr kannte ich keine andere Sprache. Erst mit meinem Auszug aus dem Lager begann ich deutsch zu reden“. Viel Spaß haben die jiddisch-sprechenden Gemeindemitglieder. Gemeinsam lesen sie jiddische Zeitungen, rezitieren jiddische Gedichte und Witze, schauen sich jiddische Filme an oder hören alte Musikaufnahmen. Frauen erzählen von der jiddischen Küche, verraten Rezepte, lachen gemeinsam über zahlreiche Wortspiele und Pointen. Es sind Männer und Frauen, die einst aus verschiedenen Ländern nach Frankfurt kamen, aus Osteuropa, aus Südamerika oder Israel. Sie sprachen in ihrer Jugend Jiddisch oder hörten es von ihren Eltern und Großeltern. „Es macht großen Spaß“,meint ein 33-jähriger Geschäftsmann, der die Sprache für sich neu entdeckte und sich vornahm sie zu erlernen. „Jiddisch is gor nisch asoj schwer."