Alle Meschugge?

Jüdischer Witz und Humor

Zu jeder jüdischen Hochzeit in Polen gehörte auch ein "Spaßmacher". Foto JMW
Zu jeder jüdischen Hochzeit in Polen gehörte auch ein "Spaßmacher". Foto JMW

Zwei Juden sitzen gemeinsam mit anderen Passagieren in einem Boot und wollen ans andere Ufer. Plötzlich kommt ein Sturm auf und das Boot kentert. Die einzigen, die den rettenden Strand erreichen, sind die beiden Juden. „Ihr könnt aber gut schwimmen“, staunen die Leute. „Wir sind nicht geschwommen“ hören sie als Antwort, „wir haben nur weiter diskutiert.“

 

Die Fähigkeit über sich selbst zu lachen, ist ein wesentlicher Bestandteil des jüdischen Witzes. „Sag mal Sami, hast Du eigentlich aus Liebe geheiratet oder aus Vernunft?“ „Das Geschäft aus Liebe, die Frau aus Vernunft“. Humor gehört zum Judentum. Das zeigt jetzt eine interessant gemachte Ausstellung im Wiener Jüdischen Museum mit dem Titel „Alle Meschugge“ – Jüdischer Witz und Humor“. Zu sehen und zu Hören sind viele Spielarten, Anekdoten, Witze, Fotos, Grafiken und Tondokumente. „G‘tt lacht mit seinen Geschöpfen, nicht über seine Geschöpfe“, heißt es im Talmud. So wurde der jüdische Witz zugleich eine Waffe und ein Ventil im Überlebenskampf über die Jahrhunderte hinweg. Aus jeder Misere gelang es, etwas Lustiges zu machen, trotz aller tragischen Ereignisse. So beginnt die Ausstellung mit der Einwanderung einer großen Anzahl von Juden aus Osteuropa in den Westen. Wien, später Berlin waren die wichtigsten Stationen. Jüdische Theater entstanden, Kabarette und Varietees. Jiddisch war die Sprache der Spaßmacher und Unterhalter, erst später kam Deutsch hinzu oder Englisch. Freudig und lustig ist der jüdische Humor, der sich immer auch ein bisschen ernst nimmt und sich dadurch von den Witzen anderer Nationalitäten unterscheidet. Doch die Wortspiele verändern sich auch mit dem Wechsel der Wohnsitze. In Amerika angekommen, werden sie sarkastischer, bissiger, dennoch nie ohne Melancholie. Kein Thema wird ausgelassen. Davon zeugen in der Ausstellung auch zahlreiche Filmausschnitte aus der Zeit seit der Erfindung der bewegten Bilder bis zu heutigen Kassenschlagern aus den USA, aber auch aus Deutschland, England und Frankreich. „Jemand der lacht ist nicht besiegt“, sagte einst Ephraim Kishon, „solange ich lachen kann, bin ich ein Mann der Ehre“.

 

Marcus G. Patka und Alfred Stalzer, die Kuratoren der Ausstellung, konzipierten ebenfalls einen Katalog mit interessanten Beiträgen und hervorragendem Bildmaterial als Begleitbuch. (Alle Meschugge? Jüdischer Witz und Humor“ Amalthera-Verlag, Preis: 34,95 Euro.

Die Ausstellung wird bis zum 8. September gezeigt.

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