Anzeige

ZIELOBJEKT JUDEN UND PRESSEFREIHEIT

GEMEINSAMER ANGRIFF VON AL-KAIDA UND IS – EIN GLOBALES PROBLEM

Neu sind Angriffe von Al-Kaida und IS auf unsere freiheitlichen Grundrechte nicht. Doch bisher wurden sie fast immer als Taten Einzelner gesehen, vor allem, wenn Juden die Opfer sind. So geschah es, als im letzten Jahr ein im Syrienkrieg radikalisierter französischer Islamist in Brüssel auf das Jüdische Museum schoss und dabei Mitarbeiter und Besucher tötete, so geschah es, als in Toulouse eine jüdische Schule zum Zielobjekt wurde und ein Lehrer sowie mehrere Kinder im Kugelhagel starben. 500 antisemitische Ausschreitungen gab es 2014 allein in Frankreich, von verbalen Beleidigungen, Bespucken bis hin zur körperlichen Gewalt, nur, weil jemand durch das Tragen der Kippa oder einem Magen David als Jude erkennbar war. Steine flogen in jüdische Geschäftshäuser und Syna­gogen, Brandsätze wurden geworfen. Die Empörung der französischen Bevölkerung hielt sich in Grenzen.


Als der niederländische Islamkritiker Theo van Gogh in Amsterdam von einem islamistischen Fundamentalisten auf offener Straße erschossen wurde, gab es zwar einen weltweiten Aufschrei, der ebbte dann jedoch schnell wieder ab. Auch die Todesfatwa gegen den britischen Schriftsteller Salman Rushdi oder gegen den ägyptisch-deutschen Politologen Hamed Abdel-Samad erreichten bei Juristen, Politikern und Medienschaffenden eine breite Verunsicherung vor den Islamisten, die keinerlei Kritik an den Koran und auch keine Karikaturen dulden und dies mit Terror vergelten. In den deutschsprachigen Ländern traute sich kaum jemand in aller Öffentlichkeit gegen den religiösen Totalitarismus des Islam und seinen Propheten aufzutreten oder zu schreiben. Doch „Charlie Hebdo“, eine kleine französische Satirezeitschrift, die alles und jeden aufs Korn nimmt, hatte sich bereits 2006 getraut, die Mohamed Karikaturen der dänischen Zeitung „Jyllands-Posten“ nachzudrucken und publizierte mehrfach Kritik am Islam. Kürzlich veröffentlichten die Karikaturisten von „Charlie Hebdo“ eine Karikatur des Propheten Mohamed, so wie sie auch die katholische Kirche, Jesus, den Papst und fast alle Politiker durch den Kakao zogen. Doch Al-Kaida versteht keinen Spaß und fand es ganz und gar nicht witzig.


Bewaffnet mit Kalaschnikows überfielen die Brüder Said und Chérif Kourachi „Charlie Hebdo“ und schossen in den Redaktionsräumen wild um sich. Als „Vergeltung“, zeterten sie. Zehn Journalisten und zwei Polizisten wurden Opfer der beiden Terroristen, unter ihnen auch Charlie Hebdo-Chef Stéphane Charbonnier und der 80-jährige jüdische Karikaturist Georges Wolinski. Sie wollten einfach gute Zeichnungen machen und die Leser zum Lachen bringen, verriet Wolinski einst in einem Interview.


Mitleidslos erschossen die Islamisten den 42-jährigen muslimischen Polizisten Ahmed Merabat, der verwundet auf der Straße lag und richteten ihn mit einem Kopfschuss regelrecht hin, „Allahu akbar“ dabei schreiend. Die Mörder konnten fliehen. Sie kamen jedoch nicht allzu weit. In Dammartin-en-Goele, nordöstlich von Paris wurden sie entdeckt. Mit mehreren Geiseln verschanzten sie sich in der dortigen Druckerei. Bei dem Schusswechsel wurden dann die Terroristen getötet.


Zeitgleich überfiel Amedy Coulibaly, ein weiterer Islamist, den koscheren Supermarkt „Hyper Casher“ im Pariser Stadtteil Porte de Vincennes. Mit Sturmgewehren bewaffnet, hielt Coulibaly die Geiseln in seiner Gewalt. Als die Polizei das Geschäft stürmte und ihn erschoss, hatte er bereits vier Geiseln getötet, den 21-jährigen Studenten Hattab Yoav, ein Sohn des Großrabbiners von Tunis, den 45-jährigen Lehrer und IT-Berater Philippe Barham, der in Paris lebte, den Rentner Francois-Michel Saad und den 22-jährigen Yohan Cohen, der im Supermarkt arbeitete. Dass es nicht mehr Opfer gab, war dem mutigen Einsatz von Lassana Bathily zu verdanken, einem Muslim aus Mali, der in Frankreich aufgewachsen war und im jüdischen Geschäft arbeitete. Geistesgegenwärtig öffnete er die Tür zum Kühlraum, schob mehrere von der Treppe herunter stürmende Kunden hinein, schaltete die Kühlung aus und schloss die Tür von außen zu. Er selber entkam über eine Feuerleiter. Präsident Benjamin Netanjahu dankte ihm zwei Tage später persönlich dafür, ebenso Francois Hollande. Nun erhielt Bathily endlich die französische Staatsbürgerschaft, die er bereits mehrfach vergeblich beantragt hatte.


Innerhalb weniger Tage waren 17 Menschen durch islamistische Terroristen ermordet worden, Journalisten und Zeichner einer Satirezeitschrift aus Rache für eine Karikatur über Mohamed, ein muslimischer Polizist, der im Dienste Frankreichs die Demokratie verteidigte und Kunden eines koscheren Geschäfts, einfach nur weil sie Juden waren.


Die französische Bevölkerung war über so viel Brutalität erschrocken und entsetzt. Doch anstatt Angst zu haben, wie es die Islamisten erwarteten, begannen sie auf den Straßen gegen den Angriff auf Charlie Hebdo zu demonstrieren, der zugleich ein Angriff auf die Pressefreiheit und damit auf die westliche Demokratie ist. Überall in Frankreich wurden Plakate mit der Aufschrift „Je suis Charlie“ (Ich bin Charlie) hochgehalten. Aber auch „Je suis Ahmed“ zur Erinnerung an den ermordeten Polizisten war zu lesen, und wenn auch deutlich weniger, „Je suis juif“ (Ich bin Jude, als Solidaritätsbekundung für die Ermordeten im Koschermarkt). Drei Millionen Menschen trotzen in Frankreich dem Terror, zeigten, dass sie keine Angst vor dem islamistischen Terror haben. Eineinhalb Millionen Franzosen waren in diesen Tagen allein in Paris unterwegs und traten für die Errungenschaften der Französischen Revolution ein. „Freiheit“, „Pressefreiheit“ und „Demokratie schützen“, waren in diesen Tagen oft gehörte Slogans. 44 Präsidenten, Könige und Staatschefs kamen zum großen Trauermarsch nach Paris, unter ihnen auch der israelische Präsident Reuven Rivlin, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Palästinenserchef Mahmud Abbas, Der König und die Königin von Jordanien, der ägyptische Außenminister. Aus Deutschland reisten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier mit einer Delegation weiterer hochrangiger Politiker an, aus London kam Premierminister David Cameron. Die politische Elite vieler europäischer Staaten, sowie hochrangige Vertreter der EU, der Nato und des Europäischen Wirtschaftsfonds kamen in die französische Metropole. An diesem Tag war Paris die Hauptstadt der Welt. Alle zeigten mit ihrer Anwesenheit ihre Bereitschaft, für die Pressefreiheit und die freie Meinungsäußerung einzutreten und endlich gemeinsame Schritte gegen den Islamismus zu unternehmen, in ihrem Land wie in ganz Europa.


Die drei Terroristen waren keine Einzeltäter. Kurz vor seinem Tod erklärte Attentäter Chérif Kouachi dem Nachrichtensender BFM-TV, dass die Terroranschläge von Al-Kaida und dem IS gemeinsam geplant waren. Islamist und Kleinkrimineller Amedy Coulibaly, der im Gefängnis erst radikalisiert worden war, bestätigte, zum „Islamischen Staat“ zu gehören. Nasser Ben Ali al-Anassi, einer der Anführer des jemenitischen Ablegers von Al-Kaida, bekannte sich ebenfalls zu den Anschlägen von Paris. „Es wurden Helden rekrutiert, und sie haben gehandelt“. In Jemen waren die Karouchi-Brüder, die anschließend in Syrien gekämpft hatten, in einem Al-Kaida-Trainingslager ausgebildet worden. Finanziert wurde der Waffenkauf für das Massaker ebenfalls hauptsächlich von Al-Kaida.


„Der islamistische Terror ist nicht nur ein Feind des jüdischen Volkes, sondern der ganzen Menschheit“, sagte Ministerpräsident Netanjahu bei der Beerdigung der Terroropfer in Jerusalem. Es sieht so aus, als ob die Politiker Europas den Ernst der Lage als globales Problem begriffen haben. Bei Razzien in Verviers und Brüssel, in Mannheim, Berlin und anderen europäischen Städten wurden Waffen und Pläne weiterer Anschläge der Islamisten gefunden, die vorerst so verhindert wurden. Geplant ist nun eine Zusammenarbeit der verschiedenen Geheimdienste im Kampf gegen den Terrorismus, sowie gemeinsam mit friedlichen europäischen Muslimverbänden, die Förderung einer gemäßigten europäischen Richtung des Islam, die nicht aus den muslimischen Staaten gesteuert wird. Auch wollen sich die Länder mehr als bisher um jene arabisch-stämmigen Jugendlichen kümmern, die in Europa aufwachsen sowie um zurückgekehrte Syrienkämpfer. „Wir befinden uns im Krieg“, warnt der französische CRIF-Präsident Cukierman. „Wir haben die Operation in Frankreich begonnen, für die wir die Verantwortung übernehmen“, verkündete in Mossul bereits der ranghohe IS-Iman Saad al-Ansari, „morgen wird es in Großbritannien, den USA und anderswo sein“. Überall in Europa wird nun der Polizeischutz für jüdische Schulen und Einrichtungen verstärkt.

Anzeige

Anzeige

Anzeige

Anzeige